Abbildung: (C) European Grandparents for Climate

Die European Grandparents for Climate (EGC), deren Gründungsmitglied auch die Omas for Future sind, haben als europäische Dachorganisation nationaler Verbände von Senior:innen und Großeltern einen offenen Brief zur Umsetzung des “Green Deal” an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verfasst.

Nachfolgend ist der Brief vom 27. Februar 2024 aus dem Englischen übersetzt zu lesen sowie im Original.

Umsetzung Green Deal – Landwirte protestieren – Verordnung zur nachhaltigen Nutzung

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Die European Grandparents for Climate (EGC) wurden am 30. November 2023 in Brüssel formell gegründet, nach einer Vorbereitungszeit von zwei Jahren, in der die Organisation aufgebaut wurde. Alle Mitglieder haben persönlich mehr als 18.000 € investiert, um sich in Brüssel zu treffen. Dies zeugt von einem starken Engagement.

In Brüssel haben wir die Bedürfnisse und Ziele unserer Organisation mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments diskutiert. Die EGC haben ihren Sitz in Wien, wo am 16. Dezember 2023 ein Verein gegründet wurde. Die Mitgliederzahl der EGC wächst, da sich uns jeden Monat weitere Organisationen anschließen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass der Teil der europäischen Gesellschaft, der über 65 Jahre alt ist und eine Stimmkraft von etwa 21 Prozent repräsentiert, sich für die Zukunft unserer Jugend einsetzt.

Wir sind ernsthaft besorgt über die Welt, die wir den zukünftigen Generationen hinterlassen und unterstützen die jüngeren Generationen in ihrer berechtigten Forderung nach einer nachhaltigen Zukunft. Unserer Meinung nach ist der Europäische Green Deal dabei von entscheidender Bedeutung. Allerdings wird dieser Green Deal von mächtigen industriellen und politischen Lobbys angegriffen.

Wir stellen fest, dass sowohl auf europäischer Ebene als auch in vielen Mitgliedsstaaten der politische Wille, die dringend benötigte Nachhaltigkeitswende voranzutreiben, im Zuge der anstehenden Wahlen zunehmend unter Druck gerät. Wir finden dies beunruhigend, da die Zukunft unserer Jugend auf dem Spiel steht.

Kürzlich gingen die Landwirte in ganz Europa auf die Straße, um ihren Unmut kundzutun. Offensichtlich fühlen sie sich in ihrer Existenz bedroht, durch Kraftstoffsteuern, Grenzabgaben, Stickstoffmaßnahmen usw.. Bei diesen lautstarken und störenden Protesten wird kaum oder gar nicht zwischen der industrialisierten Landwirtschaft und der nachhaltigen Landwirtschaft oder dem ökologischen Landbau unterschieden. Es fällt uns auf, dass die Politiker auf europäischer und nationaler Ebene diesen grundlegenden Unterschied nicht berücksichtigen. Dabei ist es ihre moralische und rechtliche Pflicht, uns in ein nachhaltiges Europa von morgen zu führen.

Wir möchten betonen, dass wir aufgrund unserer menschlichen Aktivitäten, die keine Rücksicht auf unsere natürliche Umwelt nehmen, in die heutigen planetarischen Krisen geraten sind. Es ist höchste Zeit, dies endlich zu tun: Es ist an der Zeit, den Green Deal rigoros umzusetzen, und in dieser Situation insbesondere den Teil „Vom Hof zum Teller“, der sich auf unsere komplexe, teure Lebensmittelkette bezieht. Es ist an der Zeit, dass die Landwirte faire Preise für ihre Arbeit und ihre Produkte erhalten. Es ist Zeit für einen Systemwechsel in Europa.

Wenn wir den Forderungen der industriellen Landwirte und der mit ihnen verbundenen Industrielobby nachgeben, wird dies in naher Zukunft nur zu noch heftigeren Protesten und zu einer Fortsetzung einer nicht nachhaltigen Zukunft für Europa führen. Langsam wird diese Eintrittskarte in eine bessere Zukunft und Welt der Kurzsichtigkeit, dem Nationalismus, der Untätigkeit und der Selbsterhaltung geopfert. Wir befinden uns im Auge eines sozialen Sturms.

In diesem Zusammenhang sind wir enttäuscht und besorgt über Ihre Ankündigung im Europäischen Parlament, die Verordnung über den nachhaltigen Einsatz von Pestiziden, SUR, zurückzuziehen. Diese neue Pestizidrichtlinie ist dringend notwendig, um den Einsatz von Pestiziden in Europa bis 2030 zu halbieren. Dies ist erneut ein Sieg für die agrochemische Industrie und ein Rückschritt für den Schutz unserer Gesundheit und der biologischen Vielfalt.

Als ältere Generation mit all unserer Lebenserfahrung haben wir erkannt, dass ein Systemwechsel eine gewaltige Aufgabe ist, die alle möglichen Widerstände hervorrufen wird. Die Geschichte hat das immer wieder gezeigt. Aber der Systemwandel muss kommen, und wir bitten Sie, die nötige Zivilcourage aufzubringen, um im Interesse künftiger Generationen und nicht aus kurzsichtigem, unverantwortlichem Eigennutz zu führen und zu handeln. Nur entschlossenes und konsequentes Handeln jetzt, mit allen Kosten, die damit verbunden sind, kann noch viel größeren und teilweise irreversiblen Schaden in der Zukunft verhindern. Seien Sie die Führungspersönlichkeit, zu der Sie gewählt wurden, und vertreten Sie die Interessen des gesamten europäischen Volkes, jetzt und in Zukunft.

Mit freundlichen Grüßen,

Mag. Dr. Godela von Kirchbach (Wien) und Prof. em. Jan Stel (Belgien), Co-Vorsitzende des EGC

Englisches Original

Implementation Green Deal – Farmers protest – Sustainable Use Regulation

Dear Madam President,
The European Grandparents for Climate, EGC, was formally founded in Brussels on November 30th 2023, after an incubating period of two years, during which the organization was developed. All members personally invested more than € 18.000 to meet in Brussels. This signals a strong commitment.

In Brussels we discussed the needs and objectives of our organization with Members of the European Parliament. The EGC is based in Vienna, where a Verein was established on December 16th, 2023. The membership of the EGC is growing as more organisations are joining us every month. This signals that the 65+ part of the European society and representing a voting power of some 21%, is mobilising for the future of our youth.

We are seriously worried about the world we are leaving to future generations and support the younger generations in their rightful demand for a sustainable future. In our opinion the European Green Deal is instrumental in this. However, this Green Deal is attacked by powerful industrial and political lobbies.

We note that both at the European level and in many member states, the political will to pursue the much-needed sustainability transition, is coming under increasing pressure as a result of the upcoming elections. We find this disturbing, as the future of our youth is at stake.

Recently, farmers all over Europe took to the streets in discontent. Clearly, they feel that their livelihoods are threatened, by fuel taxes, border taxes, nitrogen measures, etc. In these loud and disruptive protests little or no distinction is made between industrialized farming and sustainable agriculture or organic farming. It strikes us that politicians at both the European and national levels, do not take this basic difference into account. Yet, it is their moral and legal duty to lead us into a sustainable Europe of tomorrow.

We want to stress that we have ended up in today’s planetary crises because of our human activities that do not take our natural environment into account. It is high time to finally do so. It is time for implementing the Green Deal rigorously and in this situation especially the Farm to Fork part, which relates to our complex, expensive food chain. It is time that farmers get fair prices for their work and product. It is time for a system change within Europe.

Giving in to the demands of the industrial farmers and their related industrial lobby is only leading to more intensified protests in the near future and a continuation of an unsustainable future for Europe. Slowly this ticket to a better future and world is being sacrificed to short-sightedness, nationalism, inaction and self-preservation. We are entering the eye of a social storm.

In this context we are disappointed and concerned about your announcement in the European Parliament to withdraw the Sustainable Use Regulation, SUR. This new Pesticides Directive is urgently needed for halving the use of pesticides in Europe by 2030. This is again a victory for the agrochemical industry, and a step backwards in the protection of our health and biodiversity.

As the older generation with all the life experience we have realized that system change is a huge task that will provoke all kinds of resistance. History has shown that again and again. But system change must come, and we ask you to muster the necessary moral courage to lead and act in the interest of future generations and not of short-sighted, irresponsible self-interest. Only decisive and consequent action now with all the cost it involves, can avoid much greater and partially irreversible damage in the future. Be the leader that you were elected to be and represent the interest of the European people as a whole, now and in the future.

Sincerely yours,

Mag. Dr. Godela von Kirchbach (Vienna) and Prof. em. Jan Stel (Belgium), co-chairs of EGC

Beate Ludwig
Author: Beate Ludwig