Foto: © Miriam Künzli/ Greenpeace

Herzlichen Glückwunsch unseren Schweizer Mitstreiterinnen bei den European Grandparents for Climate: Die KlimaSeniorinnen Schweiz haben mit ihrer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gesiegt. So hat der EGMR in einem aufsehenerregenden Urteil entschieden, dass die Schweiz die Pflicht hat, klimaneutral zu werden und ihre Bürger vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. 

Vorausgegangen war ein acht Jahre langer Kampf der inzwischen über 2.000 Mitglieder zählenden KlimaSeniorinnen gegen die Klimapolitik der Schweiz, der durch alle Instanzen führte. Die Schweizer Gerichte haben jahrelang alle Klagen abgewiesen und verneint, dass über 75-Jährige von der Klimakrise mehr betroffen seien oder dass die Klimakrise schon weit genug vorangeschritten sei. Währenddessen mussten sich die KlimaSeniorinnen immer wieder von Journalist:innen und in der Öffentlichkeit z.B. als „Klima-Grossis“ (Klima-Großmütter) verspotten lassen.

Als eingetragener Verein und mit Unterstützung von Greenpeace und versierten Anwältinnen gelang es den KlimaSeniorinnen 2020, ihre Beschwerde vor den EGMR zu bringen. Ein erstes ermutigendes Zeichen war 2021 die Entscheidung des Menschenrechtsgerichtshofs, der Klage hohe Priorität einzuräumen und sie vor die Große Kammer zu bringen. Zwar ist die Schweiz nicht Mitglied der EU, aber im Europarat und untersteht damit wie alle anderen 45 Mitglieder der Rechtsprechung des EGMR. Auch hat sie die Europäische Menschenrechtskonvention und das Pariser Abkommen unterzeichnet.

Nach der Anhörung vor einem Jahr wurde nun am 9. April 2024 das Urteil gefällt: Die Klimapolitik der Schweiz verletzt Artikel 8 der Menschenrechtskonvention, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Dazu zählt das Gericht nun auch den Schutz vor den Effekten des Klimawandels. Zusätzlich hat die Schweiz dem Spruch zufolge gegen Artikel 6 verstoßen, das Recht auf Zugang zu Gerichten: Sie konnte nicht überzeugend darlegen, warum sie die Klagen der KlimaSeniorinnen abgewiesen hatte. Damit wurde die Schweiz jetzt verurteilt, diesen Verpflichtungen nachzukommen.

Vor drei Jahren allerdings hatte die Schweizer Bevölkerung ein strengeres Klimaschutzgesetz mit knapper Mehrheit gekippt. Die KlimaSeniorinnen hoffen nun, dass die Umsetzung des Spruchs aus Straßburg in der Schweiz nicht durch weitere Referenden verhindert wird. 

Unsere Schweizer Mitstreiterin Isabelle Joerg von den KlimaSeniorinnen hat, von uns allen bejubelt, kürzlich auf der Mitgliederversammlung der European Grandparents for Climate (EGC) per Videoschalte erläutert, was letzten Endes für das Urteil des EGMR entscheidend war: Zum einen der Nachweis, dass Frauen über 70 tatsächlich durch Hitze einem erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind und, dass der Verein der KlimaSeniorinnen zur Interessenvertretung der von Hitzewellen betroffenen Frauen vom EGMR anerkannt wurde.

Damit sind gegen den Klimawandel weder Individualklagen noch Popularklagen aussichtsreich. Isabelle hat uns bestätigt, auch andere Vereine, die die Interessen ihrer Mitglieder vor Gericht vertreten, können im Sinne einer Verbandsklage als klagebefugt gelten. Das könnte sowohl auf die Omas for Future als auch auf die European Grandparents for Climate zutreffen ‒ eine große Chance für weitere Klimaklagen!

Die Omas for Future gratulieren den Schweizer Mitstreiterinnen zu dem großartigen Triumph für den Klimaschutz, den sie gewitzt und hartnäckig, kenntnisreich und gemeinsam stark erkämpft haben!

Christina Heydenreich, Omas for Future, Regionalgruppe Germering

 

Beate Ludwig
Author: Beate Ludwig